Die Presseerklärung, die der Vorsitzende des Kirchenrates, P. Tuschling, dazu gegeben hat, können Sie hier vollständig lesen (in der NOZ nur verkürzt wiedergegeben):
Keine Intoleranz, sondern: Orthodoxe Gemeinde in der Erlöserkirche – herzlich willkommen! Antwort auf den Leserbrief von Th. Dom, NOZ vom 18.2.09)
Ein Jahr stand die Erlöserkirche leer, jetzt haben die Evangelischen Stiftungen als neuer Besitzer sie vermietet an die schon lange in Osnabrück ansässige orthodoxe Gemeinde arabischer Sprache.
Wir Reformierten freuen uns, dass in unserer ehemaligen Kirche Christen aus dem vorderen Orient, die bei uns Zuflucht gefunden haben, nun endlich ein „eigenes“ Gotteshaus haben werden! Wir freuen uns auf die arabischen und türkischen Christen aus der Griechisch-orthodoxen Kirche von Antiochien, die in ihrer Heimat in Bedrängnissen lebt (Türkei, Syrien, Libanon, Irak, Jordanien, Palästina).
Anders, als Herr Dom in seinem Leserbrief vermutet, hatte unser Widerspruch gegen die Vermietung der Erlöserkirche an die „Christengemeinschaft“ rein gar nichts zu tun mit „Intoleranz“ oder gar „blutiger Verfolgung“. Was man schon daran erkennen kann, dass wir der Vermietung an die Orthodoxen freudig zustimmen, die sehr anders den christlichen Glauben feiern und leben als wir.
Wir freuen uns auf die Christen aus einer der ältesten Kirchen (Apostelgeschichte 11,26!), bei allen Unterschieden und Gegensätzen: Im christlichen Spektrum steht unser bildlos-nüchterner reformierter Gottesdienst sicher auf der den bild- und symbolreichen Liturgien der Ostkirche diametral gegenüberliegenden Seite. Auch unser Grundsatz „die Kirche muss sich immer reformieren“ widerspricht komplett ihrem „die Kirche soll alle Tradition treu bewahren“.
Weit entfernt von Intoleranz bitten wir vielmehr alle, die an der Erlöserkirche hängen, um Toleranz für die Andersartigkeit der zugewanderten orientalischen Christen, die sie nun als Kirche weiternutzen werden!
Zum Leserbrief: Die Ev. Stiftungen hatten die Erlöserkirche von der Ev.-reformierten Gemeinde erworben. Dabei wurde verabredet, dass die Nachnutzung der Kirche in gemeinsamer Absprache geschehen werde. Wir waren uns einig, dass die ehemalige Kirche in Zukunft entweder ganz „weltlich“ oder durch eine christliche Kirche aus der Ökumene zu nutzen sei – nicht aber als anders-religiöse Kultstätte.
Genau das jedoch wäre im Falle der „Christengemeinschaft“ geschehen… und deswegen haben die Ev. Stiftungen dieses Prokjekt letztlich zurückgezogen. Landessuperintendent Krause hat zu Recht darauf hingewiesen, warum die „Christengemeinschaft“ nicht als christliche Kirche, sondern als heidnisch-christlicher Mischkult gilt. Das bedeutet keineswegs, dass wir menschlich etwas gegen die anthroposophische „Christengemeinschaft“ hätten. Aber sie hat erstens bereits ihre Kultstätte in der Kapelle auf dem Johannisfriedhof und kann sich zweitens neue Räume besser woanders, als in einer ehemals Evangelischen Kirche einrichten.
Die Griechisch-orthodoxe Kirche von Antiochien dagegen, die im Ökumenischen Rat der Kirchen und auch in der Osnabrücker Ökumene seit langem aktiv mitarbeitet, kann sich als Gemeinde nicht begüterter Zuwanderer in Osnabrück kein eigenes Gebäude leisten. Sie war bisher Jahrzehnte lang in St. Elisabeth und ist seit kurzem in St. Barbara zu Gast, immer abhängig von den Messplänen und dem Wohlwollen der Gastgeber. Schon im Sommer 2007, als wir die Erlöserkirche verkaufen wollten, hatten sich die Orthodoxen interessiert gezeigt –aber das Geld nicht aufbringen können. Dass sich die Ev. Stiftungen nun zur Vermietung an die Griechisch-orthodoxe Gemeinde entschlossen haben, stößt im Kirchenrat, dem gewählten Leitungsgremium der Reformierten, auf große Freude.
Wir bitten alle Gemeindeglieder und die Bürger des Stadtteils, trotz aller Enttäuschung über das Scheitern anderer Pläne, nun die orthodoxen Christen willkommen zu heißen.
Freuen Sie sich mit, dass die arabischsprachigen orthodoxen Christen in der Erlöserkirche nun endlich eine Heimstatt finden, begrüßen wir die Bereicherung der Ökumene unserer Stadt!
P. Steffen Tuschling (Vorsitzender des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Gemeinde Osnabrück)
2 Kommentare:
Leider hat die Neue Osnabrücker Zeitung die Leserbriefdiskussion zu diesem Thema eingestellt. So möchte ich meinen Leserbrief an dieser Stelle veröffentlichen:
*Leserbrief*
/Zum Leserbrief von Steffen Tuschling (Ausgabe vom 21. Februar) „Orthodoxe sind willkommen, ein heidnisch-christlicher Mischkult nicht“ und dem Leserbrief von Theodoric Dom (Ausgäbe vom 18. Februar) „Intoleranz gegenüber einer christlichen Minderheit“ mit Bezug auf den Artikel „Orthodoxe mieten die Erlöserkirche - Christengemeinde blitzte ab" (Ausgabe vom 7. Februar)./
Als Nachbar freue ich mich darüber, dass sich die Erlöserkirche nun nach über einem Jahr Leerstand wieder mit Leben füllt und sie durch den Einzug der griechisch-orthodoxen Gemeinde auch wieder als Kirche genutzt wird. Die Auseinandersetzung um den zunächst geplanten Einzug der Christengemeinde und die dabei vertretenen Positionen der evangelischen Pastoren hat mich hingegen außerordentlich enttäuscht. In einer Zeit, in der der religiöse Fundamentalismus stark in den Blick gerät, wäre es so wohltuend gewesen, wenn die beteiligten evangelischen Pastoren sich der Christengemeinde im Dialog und auf der Grundlage gemeinsamer Werte genähert hätten. Vielleicht hätte man bessere Lösungen finden können: z.B. hätte die kleine orthodoxe Gemeinde, die nur einmal im Monat Gottesdienst feiert, in die Johanniskapelle einziehen können und die größer gewordene Christengemeinde hätte von dort in die Erlöserkirche umziehen können. Möglicherweise hätte man auch keine bessere Lösung gefunden - aber mit einem respektvollen Umgang wären die Pastoren ihrer Vorbildfunktion nachgekommen und hätten zum friedlichen Klima in der Stadt beigetragen. Die evangelischen Pastoren haben sich leider nicht auf die gemeinsamen Werte bezogen, sondern die Differenzen in den theologischen Positionen in den Blick genommen und nach der Vereinbarkeit der Lehren gefragt. Landessuperintendent Krause (übrigens im Auftrag der Landesbischöfin Frau Dr. Käßmann) berief sich auf das „biblisch bezeugte Evangelium von Jesus Christus“, um die Christengemeinde auszugrenzen. Pastor Tuschling von der reformierten Gemeinde schloss sich dieser Haltung an und griff darüber hinaus sogar zum Begriff „heidnisch“.
Es erscheint mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich in der Gruppe, die sich für die Nachnutzung der Erlöserkirche einsetzte und die die Kontakte zur Christengemeinde unterstützte, überwiegend Menschen engagierten, die der evangelisch-reformierten Gemeinde angehören. Unter diesen und auch anderen Christen wird das Gefühl verstärkt, in den etablierten Kirchen in Deutschland nicht mehr gut aufgehoben zu sein. Das bedauere ich sehr. Wenn Kirchenaustritte nicht weiter zunehmen sollen, muss Kirche stärker mit ihren engagierten Mitgliedern vor Ort ins Gespräch kommen. Im Zusammenhang mit der Nachnutzung der Erlöserkirche wurde diese Chance leider vertan.
M. B.
Der Autor dieses Kommentars ist Michael Brönneke aus Osnabrück. Ich veröffentliche den Namen in Absprache mit dem Autor - anonyme Zuschriften werden dagegen nicht berücksichtigt.
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